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Stephanus – Diakon, Erzmärtyrer und Namenspatron der hiesigen Kirche

Stephanus ist der Erzmärtyrer: Nach Apostelgeschichte 7 war er der erste Christusnachfolger, der um seines Glaubens Willen getötet wurde.

Wesentlich unbekannter ist seine Rolle in der Jerusalemer Urgemeinde: Stephanus vermittelte zwischen den Kulturen. Während die Apostel dem ortsansässigen, aramäisch sprechenden, palästinischen Judentum entstammten, kamen in den ersten Jahren der christlichen Kirche immer mehr griechisch sprechende Diasporajuden zum Glauben an Jesus Christus. Als deren Witwen bei der Armenspeisung benachteiligt wurden und sich der Konflikt zwischen beiden Gruppen zuspitzte, suchte man nach einer tragfähigen Lösung: Die Apostel setzten sieben Armenpfleger, sogenannte „Diakone“, ein. Ihre Aufgabe war es, für eine gerechte Verteilung der Nahrungsmittel an die Bedürftigen zu sorgen.


Stephanus war einer von ihnen – „ein Mann voll Glaubens und Heiligen Geistes“ (Apg 6, 5). Als führende Gestalt des Siebenerkreises stand er auf der Liste der Diakone an erster Stelle. „Stephanus aber, voll Gnade und Kraft, tat Wunder und große Zeichen unter dem Volk“ (Apg 6, 8). In theologischen Streitgesprächen setzte er sich mit den Diasporajuden auseinander. „Doch sie vermochten nicht zu widerstehen der Weisheit und dem Geist, in dem er redete“ (Apg 6, 10). Deshalb wurde er angezeigt und – wie Jesus einige Jahre zuvor – vor den Hohen Rat gestellt. In seiner Verteidigungsrede, die eher einer Anklage gegen die Juden gleicht, schildert er die Geschichte Israels als eine Geschichte des Widerstands gegen Gott. „Als sie das hörten, ging’s ihnen durchs Herz und sie knirschten mit den Zähnen über ihn … und sie steinigten Stephanus.“ (Apg 7, 54.59)

Das hier abgebildete Original des Hausener Stephanus wird auf die Zeit zwischen 1480 und 1490 datiert und im Magazin des Landesmuseums in Stuttgart aufbewahrt. Er ist aus einem 103,5 cm langen Stück Lindenholz geschnitzt und traditionell dargestellt: Der jugendliche Diakon steht aufrecht auf einem runden Sockel. Er trägt über der weißen Albe eine Dalmatik, das liturgische Amtsgewand eines Diakons. Dieses hat er mit der linken Hand so angehoben, dass sich auf seiner Dalmatik knittrige Schlüsselfalten bilden. Ebenfalls in der linken Hand hält Stephanus ein Evangelienbuch, auf dem er drei Steine balanciert. Auch wenn letztere auf sein Martyrium hinweisen, so sind sie doch nur die eine, die sichtbare Dimension der Wirklichkeit. Die andere präsentiert seine rechte Hand: Ursprünglich hielt sie eine Märtyrerpalme umschlossen – Zeichen des Sieges über die Mächte dieser Welt, auch über den Tod. Trotz – nein, gerade wegen seines Martyriums! – kann Stephanus auf ein sinnvolles Leben zurück- und auf die himmlische Gemeinschaft mit Gott ausblicken. Leider ist die Märtyrerpalme abhandengekommen, weshalb seine Rechte nun ins Leere greift.



Das breite Gesicht wird von einer gewellten, ölvergoldeten Haarpracht gerahmt. Diese üppigen Locken erinnern an den Richter Simson: Er war ein Gottgeweihter und seine Lockenpracht Ausdruck der Begabung mit Gottes Geist. Beim Hausener Stephanus sind die Haare auf der linken Seite hinten nicht ausgearbeitet, weshalb die nach rechts blickende Figur im Altarschrein wohl in der linken Ecke stand. Dies war der ange-stammte Platz für den Namenspatron einer spätgotischen Kirche, weshalb die Replik des Stephanus im Zusammenspiel mit der Muttergottes und der Barbara im Chorraum der Stephanuskirche tatsächlich heute an der ursprünglich korrekten Stelle hängt.

Der Erzmärtyrer ist der Namenspatron für die Stephanuskirche in Hausen ob Verena. Sein liturgischer Ge-denktag ist der 26. Dezember. Der Stephanustag ist einer der wenigen Namenstage, die auch in der Evangelischen Kirche gefeiert werden – als Gedenktag für verfolgte Christen.
MF